Eines Sommerabends, als Anne und Emiliy ihre aus der Bücherei mitgebrachten Schätze durchstöbern, entdecken sie ein rostrotes Buch, das keines der beiden neun und elf Jahre alten Mädchen in der Bibliothek ausgesucht hat. Neugierig fangen die beiden an das Buch zu lesen und stellen fest, dass es sie beide beschreibt, wie sie das rostrote Buch entdecken und darin anfangen zu lesen, bis plötzlich Nebel aufkommt und sie sich im Sherwood Forest befinden…
Unschwer ist zu erkennen, dass sich „Das rostrote Buch“ in der Tradition jener zauberhaften Bücher findet, zu denen man auch Michael Endes Unendliche Geschichte und die Tintenherz-Trilogie von Cornelia Funke zählt. Bücher, die die Fantasie und das Lesen feiern und schon aus diesem Grunde bei Leseratten oft beliebt sind. Diese Sommerferien werden Anne, Emiliy und ihr kleiner Bruder Will jedenfalls nicht so schnell vergessen. Nachdem die beiden Schwestern von ihrem Abenteuer mit Robin Hood zurückgekehrt sind, versuchen sie ihre Entdeckung vor ihrem kleinen Bruder zu verheimlichen und in eine neue Geschichte zu schlüpfen. Aber das Buch lässt sich nicht weiter umblättern und so warten sie sehnsüchtig darauf, dass es bald wieder passiert. Eine ganze Zeit vergeht, doch dann wird ihre Geduld belohnt.
Mal alleine, mal alle zusammen finden sie sich in ihren Lieblingsbüchern wieder und erleben dort Abenteuer, die ihren Mut und ihren wachen Kopf herausfordern. Die Welten die sie entdecken, sind entprechend dem Alter und der Neigungen der Kinder sehr unterschiedlich. Der Jüngste, fast sieben Jahre alt und ein großer Insektenliebhaber findet sich beispielsweise in einem Land namens Jardinia wieder, wo er den Gnobolden im Kampf gegen ein wahrhaftes Insektenungeheuer beistehen muss, während Anne, nicht mehr ganz Kind und doch noch lange nicht erwachsen, mal Balladen aus fernen Kindertagen und mal Bilder aus Tolstois Krieg und Frieden zu neuem Bücherleben erweckt.
Nina Bernsteins Kinderbuch ist gut verständlich und flüssig zu lesen. Der Wechsel zwischen Fantasiewelt und realer Lebenswirklichkeit der Geschwister ist gut nachvollziehbar. Die Rückbindung der Geschehnisse an die Realität gibt einerseits Anlass zu allerlei humorvollen Kommentaren, verleiht andererseits dem Buch zusätzliche Tiefe. Alle Kinder machen auf ihre Weise in diesem zauberhaften Sommer eine Weiterentwicklung durch, die sie befähigt dem kommenden Lebensabschnitt mit neuer Frische zu begegnen. Kritisch anzumerken bleibt, dass aus Sicht des Lesers das Buch gerne etwas länger hätten ausfallen können, um den jeweiligen Geschichten mehr Raum zu geben – was ja dann schon wieder fast ein Kompliment ist.
Nina Bernstein: Das rostrote Buch. Illustriert von Boris Kulikov. Deutsch von Beatrice Howeg, Berlin Verlag / Bloomsbury 2008, ab etwa 10 Jahren.
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