Von Krokodilen und Freundschaft

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Autor: S. Benedict-Rux
16. September 2014

Nina Weger erhält den Goldenen Bücherpiraten

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Die Autoren-Entdecker und Nina Weger
(Foto: S. Benedict-Rux)

Es hätte alles so schön sein können. Papa und er hatten sich ihr Leben so gut eingerichtet in ihrem Forscherleben: Papa als Krokodilforscher am Zoologischen Institut und er, Paul, im heimischen Terrarienzimmer, wo er den kleinen Missisippi-Alligator Orinoko groß zog. Doch dann hatte es Papa voll erwischt, wie die Nachbarin Frau Rüdiger sagte, und die zwei Monster zogen ein. Vorbei mit dem glücklichen Leben…
Als bei einer Auseinandersetzung mit der Tochter von Papas neuer Freundin der kleine Alligator in die Kanalisation gespült wird, steht für Paul fest: Das hat die blöde Elektra extra gemacht! Und vor allen Dingen: Paul muss hinterher um Orinoko zu suchen und ihn zu retten! Gedacht, getan und so steckt der zehnjährige Paul unversehens im größten Abenteuer seines jungen Lebens und dass, obwohl er nicht unbedingt der große Abenteurer und Draufgänger ist. Ein Krokodil in einem riesigen, dunklen, stinkenden und unheimlichen Kanalisationsnetz zu finden wäre ja an sich schon Herausforderung genug, doch dann wird Paul während einer Schlafpause von einer unter der der Erde hausenden Bande überfallen und verschleppt. Natürlich glaubt ihm keiner die Geschichte mit dem Krokodil – oder vielleicht doch?

Ein Krokodil taucht ab (und ich hinterher) ist der Titel der spannenden Abenteuergeschichte, mit der Nina Weger die 10 jungen Autoren-Entdecker der Bücherpiraten e.V. in Lübeck überzeugte. Diese verliehen am 13.09.14 in einer von ihnen selbst gestalteten Preisverleihung den Goldenen Bücherpiraten an die Kinderbuchautorin. Man könne mit Paul und den anderen mitfühlen, hieß es in der Laudatio, und es passiere nicht immer das Gleiche. Besonders gut gefallen hatte den jungen Lesern, die ihre Wahl ohne die Beeinflussung durch Erwachsene getroffen haben, unter anderem die Szene mit der Aufnahme Pauls in die Kanalbande. Dort heißt es im Aufnahmeschwur:

„Wir halten immer zusammen. Wir respektieren einander, und wir achten aufeinander. Keiner darf sich über einen anderen stellen. Jeder darf tun, was er möchte – solange er die anderen damit nicht stört oder einengt.“

Buch bei amazon ansehen / bestellenMan darf vermuten, dass auch dieses aufeinander achten und zusammenhalten gemeint ist, wenn die Laudatoren ihre Wahl nicht nur mit Lesespaß, sondern auch damit begründen, dass das Buch eine Botschaft in sich trage. Auch die Tatsache, dass die Autorin für alle Kinder der Bande eine gute Lösung gefunden hat, ein „gerechtes Happy End“ wie es in der Laudatio hieß, ist bei den Autoren-Entdeckern sehr gut angekommen. Denn jedes dieser Kinder, die in der Kanalisation Zuflucht gesucht und gefunden hat, hat eine Geschichte hinter sich, die mindestens von mangelnder Aufmerksamkeit und Zuwendung der Erwachsenen zeugt und manchmal auch von Schlimmerem. So sind manche dieser Verletzungen so stark, dass die Betroffenen den Mantel des Schweigens darüber ausbreiten und bereit sind so einiges zu tun um zu verhindern, dass ihre neue Familie auseinander bricht. Doch bis es zum glücklichen Ende kommen kann, gibt es so manche Überraschung, müssen brenzlige Situationen durchgestanden und schwierige Entscheidungen getroffen werden.

Aus der Sicht von Paul geschrieben wirft das Buch auch einen einfühlsamen Blick auf die anderen Kinder unten in der Kanalisation. Nach und nach wird sichtbar, warum sich die Einzelnen so verhalten wie sie es tun und als Leser kann man nicht nur die spannende Suche nach Orinoko, sondern auch die Weiterentwicklung der verschiedenen Figuren genau mitverfolgen. Da entwickelt sich Verständnis und Freundschaft, wo vorher nur Abwehr und Feinseligkeit war. Nina Weger ist hier nicht nur ein unterhaltsames Abenteuerbuch gelungen, das seine Leser mühelos in diese Unterwelt entführt, sondern eines das auch die Balance hält zwischen Heiterkeit und Ernst, zwischen Unterhaltung und Auseinandersetzung mit wichtigen Fragen.

Fazit: Ein witziges Buch mit ernstem Hintergrund und bewegenden Momenten, spannend bis zum Happy End! Es ist für Mädchen wie Jungen der Altersstufe von etwa 10 bis 12 Jahren gleichermaßen interessant –  unbedingt lesenswert!

Nina Weger: Ein Krokodil taucht ab (und ich hinterher), Verlag Friedrich Oetinger 2013
336 Seiten, gebunden
EUR 13,95
ISBN-13: 978-3-7891-5129-3
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Einen ausführlicheren Veranstaltungsbericht über die Preisverleihung im Kinderliteraturhaus der Bücherpiraten e.V. lesen Sie im Kulturmagazin Unser Lübeck.

Über den Goldenen Bücherpiraten:
Der Goldene Bücherpirat wird an Nachwuchsautoren vergeben, die maximal ihr drittes Kinderbuch vorgelegt haben. Die Auswahl erfolgt durch eine Kinderjury, die sogenannte Autoren-Entdecker-Gruppe, die Ihre Entscheidungen anhand des reinen Textes ohne Buchcover oder Illustrationen trifft. Um sicherzustellen, dass keinerlei Beeinflussung durch Erwachsene erfolgt und es tatsächlich eine Entscheidung der jungen Leser ist, dürfen die beteiligten Erwachsenen die eingereichten Bücher nicht lesen.
Die Autoren-Entdecker  hatten die Wahl aus 18 Neuerscheinungen deutscher, österreichischer und schweizerischer Verlage. Neben Ein Krokodil taucht ab gelangten noch Scarry Harry – Von allen guten Geistern verlassen von Sonja Kaiblinger und Paula und die Nacht im Papiergebirge aus der Feder von Thomas Heinemann  in die Endrunde. Der mit einem Preisgeld von 1.000 Euro ausgestattete Goldene Bücherpirat wird in Form eines Piraten-Fernrohrs an die Autoren überreicht.
Der 2002 in Lübeck  gegründete Verein Bücherpiraten e.V. ist nicht zuletzt auch durch die Beteiligung seines Leseclubs beim Preis der Jugendjury des Deutschen Jugendliteraturpreises überregional bekannt geworden. Er bietet vielfältige Projekte rund um Lesen, Literatur und Schreiben für Kinder und Jugendliche.

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