oder
„Schlechte Bücher schreiben kann ich auch. Vielleicht schaff ich es sogar, gute Bücher zu schreiben. Oder wenigstens lustige“
Mit ihrem Erstlingsroman „Winterkartoffelknödel“ ist Rita Falk ihre eigene Prophezeiung definitiv gelungen. Wer auf Grund des Titels ’schwere Kost‘ erwartet, wird allerdings enttäuscht. Literaturkenner werden den Roman als wenig anspruchsvoll beurteilen, dennoch zaubert er dem Leser immer wieder ein amüsiertes Lächeln aufs Gesicht.
Der Franz Eberhofer schiebt als Dorfgendarm in einem kleinen Kaff in Oberbayern eine ruhige Kugel. Er wohnt mit der tauben Oma, dem kiffenden Papa und dem Ludwig (das ist übrigens der Hund vom Franz) auf einem alten Hof. Er im Saustall zusammen mit dem Ludwig und die Oma und der Papa im Haus: ein Mensch wie du und ich. Ihn nervt, wie sein Bruder Leopold, die „Schleimsau“, um den Papa „herumschlawenzelt“. Ihn regt auf, dass der Papa dauernd die Beatles in einer mordsmäßigen Lautstärke hört. Am liebsten würde er da den Plattenspieler abknallen. Und er genießt das gute Essen von der Oma, wofür er auf so einiges verzichten würde.
Am 1. Weihnachtsfeiertag klingelt unerwartet das Diensttelefon vom Franz. Dran ist die Mercedes (Benz?), die seit neuestem auf dem Sonnleitnergut wohnt, um es für ihre schwer kranken Eltern herzurichten. Auf jeden Fall sagt die Mercedes, „es schleicht sich jemand ums Haus und sie hat eine Mordsangst.“
Dann kommt noch die Geschichte mit den Neuhofers dazu. Eine ganze Familie, die wegstirbt und zwar an unnatürlichen Todesursachen. Ein Vierfachmord?
Als dann auch noch der Ossi-Klaus auftaucht, der Architekt ist und die Oma behauptet, der ist doch „Bofrost-Fahrer“, wird’s ganz konfus. Was hat denn der jetzt damit zu tun?
Und irgendwie scheinen die Fäden alle bei der „erstklassigen Sahneschnitte“ Mercedes, die der Franz wegen ihrem hammermäßigen Aussehen nur noch Ferrari nennt, zusammenzulaufen. Der erste Fall des Bullen Franz Eberhofer wird immer bizarrer.
Der Dorfpolizist Franz schlägt sich also durch zahlreiche Einsätze, durch die der Leser immer wieder leicht auf eine falsche Fährte geführt wird. Welcher spannende Fall ist es denn jetzt, den der Franz zu lösen hat. Ist es der überführte Spanner, ein Unfall, bei dem der ältere Neuhofer-Bruder von einem Container „flach wie ein Pfannkuchen“ gequetscht und damit so blass wurde wie die „Winterkartoffelknödel“ von der Oma oder vielleicht doch Betrug?
Ein Provinzkrimi sondergleichen. Und genauso schreibt Falk auch. Sie lässt ihren Roman leben, getreu dem Motto: Wenn man fürs Volk schreiben und sprechen will, muss man dem Volk aufs Maul schauen.
Dazu entwickelt sie eine eigene Sprache. Eine Mischung aus Hochdeutsch, Umgangssprache und Dialekt. Aber genau dies macht die Handlung und die Personen so authentisch. Für alle, die des Oberbayrischen nicht mächtig sind, ist dem Roman ein Glossar angefügt. Als Leser kann man sich wunderbar in die verschiedenen Personen hineinversetzen. Die Autorin schafft es, den Leser einzufangen, so dass er sich mit der Geschichte vom Franz identifizieren kann.
Darüber hinaus zeichnet das Buch sich durch außerordentlich charmanten Witz und Sarkasmus aus, was aber nie zu übertrieben wirkt. Als Bewunderer von Karl Valentin oder Heinz Erhardt wird man auch an diesem Roman Gefallen finden. Zum Beispiel, wenn der Franz mit seiner tauben Oma zum Einkaufen fährt, Oma sich im Auto einsperrt, einschläft und der Franz so lange herumlaufen muss, bis sie wieder aufwacht. Oder wenn der Franz sich aufregt, dass im Fernsehen ein „Zwitterding zwischen Klosterfrau und Sado-Maso-Domina irgendwelchen Kindern von Gratlerfamilien auf der stillen Treppe Zucht und Ordnung beibringt.“ Knapp, aber präzise. Und jeder weiß, was damit gemeint ist.
Das Dorf, in dem der Franz seinen ersten Fall lösen muss, ist auf jedes beliebige andere Dorf übertragbar. Ein kleines Dorf, in dem jeder jeden kennt und jeder um die Macken des anderen weiß. Da gibt’s den Wolfi, bei dem man sich abends in der Kneipe auf ein Glas Bier trifft oder vielleicht auch mehrere. Dann gibt’s da den Simmerl, der das beste Fleisch weit und breit verkauft, die Mooshammer Liesl, das Klatschweib, die die Gerüchteküche brodeln lässt, den Flötzinger, von dem man sich alles was mit „Gas, Wasser, Heizung“ zu tun hat, richten lässt. Wahrscheinlich ist es gerade dieses Alltägliche, was den Roman so sympathisch macht.
Der Leser wird vom Franz immer wieder persönlich angesprochen. Dadurch wird eine Art persönlicher Bindung zwischen dem Protagonisten und dem Leser geschaffen. Immer wieder stoßen wir auf Einschübe, mit denen er eigentlich irrelevante Zusammenhänge erklärt. Das nimmt den Leser für die Hauptperson stark ein.
Auf jeden Fall ein gelungenes Erstlingswerk, das sogar von einem Oberfranken gern gelesen wird. Es macht Lust auf mehr, zumal Rita Falk schon am Ende ihres Romans „Winterkartoffelknödel“ auf den nächsten Fall mit Franz Eberhofer und seinen Freunden hinweist.
Und wer von den herrlichen Gerichten, die die Oma vom Franz immer kocht, Hunger bekommen hat, findet im Anhang einige Rezepte zum Nachkochen.
Rita Falk: Winterkartoffelknödel. Ein Provinzkrimi. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München. 2010.
233 Seiten
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ISBN 978-3-423-24810-5
12,90 €
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