Eva Lohmann über die Stärke introvertierter Kinder und Eltern
Mit ihrem autobiographischen Debüt Acht Wochen verrückt über über ihren Aufenthalt in einer psychosomatischen Klinik, der auf der spiegel-Bestsellerliste stand ist Eva Lohmann bekannt geworden. In ihrem neuen Buch beschäftigt sie sich mit Introvertiertheit. Im allgemeinen wird sie eher als Schwäche oder zumindest als etwas angesehen, das es den Betroffenen schwerer macht ein wie auch immer geartetes „erfolgreiches“ Leben zu führen. Das beginnt schon in der Schule, in der introvertierten Kindern oft vorgeworfen wird, zu still zu sein und zu wenig mitzuarbeiten. Eva Lohmann zeigt in ihrem Buch die andere Seite der Medaille auf: die Stärken, die die Introvertiertheit von Kindern und Erwachsenen mit sich bringt.
Introvertierte Kinder – introvertierte Erwachsene
Das Sachbuch ist in zwei Teile gegliedert. Im ersten Teil geht Lohmann auf introvertierte Kinder ein: wie sie die Welt empfinden und welche Möglichkeiten Erwachsene haben, dies auf eine positive Weise anzunehmen und damit in anderer Weise umzugehen, als dies bisher in unserer Gesellschaft üblich ist. Die andere Perspektive beinhaltet ausdrücklich die Stärken zu sehen, die introvertierte Kinder oft haben und sie zu stärken: oft sind die Betroffenen gute Zuhörer, verfügen über eine gute Konzentrationsfähigkeit, durchdringen Themen sehr viel tiefer und sind, ist das Interesse geweckt, sehr beharrlich. Die Autorin zeigt auch ganz praktisch alternative Handlungsweisen, mit denen man introvertierte Kinder in typischen Situationen unterstützen kann, die für sie eine Herausforderung darstellen.
Das Kapitel über introvertierte Eltern ist etwas kürzer als das über Kinder. Die Unterschiede zu Extrovertierten sind auch bei Erwachsenen im Prinzip die gleichen, so dass sich dieser Teil übertragen lässt. Lohmann ermuntert introvertierte Eltern dazu, auch ihren eigenen Bedürfnisse nach Alleinsein ein stückweit Rechnung zu tragen, um dann mit neu aufgeladener „Batterie“ wieder gut für ihre Familie da sein zu können. Letzten Endes, so Lohmann profitiert diese von diesen kleinen Auszeiten der Introvertierten, weil diese danach mit frischer Energie den Familienalltag deutlich besser bewältigen können. Auch hier zeigt sie mit Beispielen wie so etwas konkret funktionieren könnte. Hier und da erwähnt die Autorin weitere Bücher zum Thema, gute Hinweise für alle die sich tiefer mit der Thematik auseinandersetzen möchten.
Eltern, die ein introvertiertes Kind haben werden nach der Lektüre sicher mehr Verständnis für ihr Kinder haben und einige Ideen, wie sie den Alltag für den Nachwuchs und sich selber erfreulicher gestalten können. Mancher introvertierte Erwachsene wird bei der Lektüre so einige Aha-Momente erleben, in denen er oder sie sich wiedererkennt und versteht, warum sich manche Lebenssituationen in der Weise auf ihn auswirken, wie sie es tun.
Eva Lohmann: So schön still. Die Stärke introvertierter Kinder und Eltern [Partnerlink] . Rowohlt Polaris 2022
ISBN 978-3-499-00638-8
Taschenbuch, 240 Seiten, [D] €16,00