Mitreißendes Romandebüt von Stefanie vor Schulte
Junge mit schwarzem Hahn – ein Buchtitel, wie der Titel eines Gemäldes: geheimnisvoll, mit Raum für eigene Interpretationen und in doppelter Weise ein sehr passender Titel. Der elfjährige Martin ist Waise und lebt allein mit seinem schwarzen Hahn im Dorf, seit sein Vater die Familie im Wahn ausgelöscht hat. Martin ist ein Außenseiter und den Hahn halten die abergläubischen Dorfbewohner für den Teufel. Das hält sie jedoch nicht davon ab den Jungen auszunutzen und schlecht zu behandeln. Mit seinem reinen Herzen, seiner Beobachtungsgabe und einem klaren Verstand durchschaut er die Bewohner des Ortes. Eines Tages kommt ein Maler ins Dorf, um für die Kirche ein neues Altarbild zu malen. Martin beschließt mit ihm zu gehen, sobald dieser das Bild vollendet hat und wieder aufbricht.
Und so geschieht es. Draußen in der Welt erwarten den sanftmütigen Jungen viele Gefahren, Hunger und die Bösartigkeit vieler Menschen. Doch er bewahrt sich ein reines Herz und folgt weiter seinem Weg, seinem Schicksal entgegen. Der Hahn ist ihm dabei ein treuer Begleiter, auch ein kluger Berater, der ihm hilft die Aufgabe zu bewältigen, für die er in die Welt hinausgezogen ist. Denn: auch Unerklärliches ist Bestandteil dieser Welt, wie ein sprechender schwarzer Hahn.
Eine Welt voller Düsterkeit
Krieg herrscht, Krankheit und Not überall. Es ist eine düstere mittelalterliche Welt in die Stefanie vor Schulte die Leser hineinzieht, eine Welt in der (fast) jeder seinen eigenen Vorteil zu bewahren und zu überleben versucht. Eine Welt auch, in der immer wieder schwarze Reiter auftauchen und Kinder verschleppen. Der Junge erscheint darin als Lichtgestalt, mit seinem reinen und offenen Herzen, dass er sich selbst durch schreckliche Erlebnisse hindurch bewahren kann.
Die Handlung schreitet schnell voran, nichts scheint hier überflüssig oder Zierrat. Martin wird als sehr interessanter und vielschichtiger Charakter gezeichnet, ein junger Mensch, der nicht durch die Grausamkeiten die er erlebt gebrochen wird, sondern über sie hinaus wächst, poliert durch das Dunkel, noch strahlender in dem Beharren seinem Wesen treu zu bleiben. Das scheinbar Unmögliche gelingt ihm: unschuldige Kinder zu retten und ein Geheimnis zu lüften, durch das er sogar die Wahnsinnstat seines Vaters ansatzweise verstehen kann.
Ein Roman der berührt und nachhallt – klare Leseempfehlung!
Stefanie vor Schulte: Junge mit schwarzem Hahn [Partnerlink]. Diogenes August 2021
Taschenbuch
224 Seiten
ISBN 978-3-257-07166-5
€ (D) 22.00 / sFr 30.00* / € (A) 22.70
