Buchmesse-Nachlese: Deutscher Jugendliteraturpreis und Kranichsteiner Jugendliteratur-Stipendien

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Autor: S. Benedict-Rux
1. April 2015

Bekanntgabe der Nominierten für den Deutschen Kinder- und Jugendliteraturpreis 2015 und die Vergabe der Kranichsteiner Jugendliteratur-Stipendien 2015

Die Juryvorsitzende Birgit Müller-Bardoff

Die Juryvorsitzende Birgit Müller-Bardoff ©sbr

Gemessen an der Anzahl der Neuerscheinungen im Bereich Kinder- und Jugendbuch (2013 waren es 8.268 Titel und damit 10,1% der Gesamtproduktion / Quelle: Börsenverein des Deutschen Buchhandels) nimmt die Berichterstattung über Kinder- und Jugendliteratur in den Medien relativ wenig Raum ein. Dennoch war  Saal 2 des Leipziger Congress Centrums, wo am Rande der Leipziger Buchmesse am 12. März 2015 erst die Nominierten für den Deutschen Jugendliteraturpreis bekannt gegeben und anschließend die beiden Kranichsteiner Literaturstipendien an die Stipendiaten übergeben wurden, so gut gefüllt, dass so einige Interessierte sich mit Stehplätzen begnügen mussten.
Nach der Eröffnungsrede der bis Ende März amtierenden Vorsitzenden des Vorstandes des AKJ e.V.,  Dr. Stephanie Jentgens, folgte die Bekanntgabe derjenigen Bücher, die die aus neun Erwachsenen bestehende Kritikerjury für den Deutschen Jugendliteraturpreis in den Sparten Bilderbuch, Kinderbuch, Jugendbuch und Sachbuch bestimmt hat. Diese Aufgabe übernahm die Vorsitzende der Kritikerjury, die Journalistin Birgit Müller-Bardoff.
Es ist eine vielversprechende Auswahl, die die Jury hier zusammengestellt hat, mit Werken von Debütautoren, aber auch von bereits erfolgreichen oder gar mit Preisen ausgezeichneten Autoren und Illustratoren. Die Themenbreite geht von Freundschaft, Toleranz, Vaterfiguren, über kleine und große Helden, die ihren eigenen Weg gehen bis hin zur Frage danach, was die Seele ist. Die Buchkunst habe in den Neuerscheinungen an Gewicht gewonnen, viele Bücher der Auswahl fielen durch ihre hohe künstlerische Gestaltungskraft in Text und Illustration auf, hieß es unter anderem in der Jury-Begründung.

Die Nominierten für den Preis der Jugendjury

Ein Höhepunkt der Veranstaltung war die Bekanntgabe der Nominierten der Jugendjury. Eine Besonderheit des Deutschen Jugendliteraturpreises ist es, dass es neben der Kritikerjury eine eigene Jugendjury gibt, die im Bereich Jugendbuch eigenständig und unabhängig erst eine Nominiertenliste und letztlich einen Preisträger bestimmt. Diese Jury besteht aus sechs Leseclub an Schulen oder Buchhandlungen, die aus verschiedenen Regionen Deutschlands stammen. Jeder Leseclub bestimmt im Vorentscheid einen nominierten Titel für die Nominierungsliste der Jugendjury. Die Bekanntgabe dieser Nominierten erfolgte nicht durch einen Vortrag, sondern durch Präsentationen, zumeist kurze, gespielte Szenen zum Buch, in deren Verlauf die Jugendlichen ihre Entscheidung enthüllten. Diese Präsentationen vermittelten nicht nur ein lebendiges Bild der Thematik der gewählten Bücher, wodurch sie die Veranstaltung immens bereicherten, als Zuschauer war auch sehr deutlich zu spüren, wie intensiv sich die jungen Leser mit ihren Lektüren auseinandergesetzt hatten. Hier war fast mit den Händen greifbar, welch tiefgreifenden Prozesse gute  Bücher in Lesern auslösen können.
Bei einem Blick auf die Nominierungsliste der Jugendjury zeigt sich noch einmal ganz deutlich, dass alle Leseclubs sich für ein Buch entschieden haben, das dazu einlädt in die Tiefe zu gehen, sich mit  problematischen, psychologischen oder ethischen Fragen zu beschäftigen.

Eine erhöhte Chance auf den Deutschen Jugendliteraturpreis 2015 hat David Levithan, dessen Letztlich sind wir dem Universum egal sowohl von der Kritikerjury als auch von der Jugendjury nominiert wurde. Auch Peter Sís, Preisträger des Hans Christian Andersen Preises 2012 ist zweimal auf der Nominiertenliste vertreten, einmal als Illustrator und ein zweites Mal als Autor und Illustrator.
Die Gesamtliste der 29 bzw. 30 nominierten Titel, sowie weitere Informationen finden Sie auf der Website des Arbeitskreises für Jugendliteratur e.V. , wo ab Mai 2015 ebenfalls eine Broschüre über die einzelnen Buchtitel bestellbar sein wird.

Die Bekanntgabe und Auszeichnung der Preisträger wird am 16. Oktober 2015 auf der Frankfurter Buchmesse durch die Bundesministerin Manuela Schwesig (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) erfolgen.

Kranichsteiner Jugendliteratur-Stipendien 2015

v.l.n.r.: Dr. Bernd Busch, Corinna Antelmann, Martin Kordić

v.l.n.r.: Dr. Bernd Busch, Corinna Antelmann, Martin Kordić ©sbr

Direkt im Anschluss vergaben der Deutsche Literaturfonds und der Arbeitskreis für Jugendliteratur die jeweils mit 12.000 Euro verbundenen sechsmonatigen Kranichsteiner Jugendliteratur-Stipendien an Corinna Antelmann und Martin Kordić.
Corinna Antelman erhielt das Stipendium für ihren Roman Der Rabe ist Acht (mixtvision), ein radikales Erzählexperiment, wie es in der Begründung heißt, in dem zwei hochintelligente Jugendliche Schicksal spielen wollen. Weiter heißt es dort: „Der Leser folgt zwei unzuverlässigen Stimmen, fasziniert von der Handlung und vom Dialog der beiden. Aber der Roman setzt nicht auf Identifikation mit den Helden, sondern auf die distanzierte Betrachtung der Dynamik ihrer Beziehung.“
Befragt über die Ursprünge dieser Buchidee gab Antelmann an, die Anfänge lägen wohl zehn Jahre zurück, als es mehrere Amokläufe in den USA gegeben habe. „Was treibt Jugendliche an?“ sei die Frage gewesen, die sie sich gestellt habe.eb9db1d62a684efcbe28b049eb904109
Ob es bei seinem Buch biographische Hintergründe gäbe, oder vielleicht Bezüge zur Familiengeschichte, wurde Martin Kordić von Dr. Bernd Busch, dem Geschäftsführer der Deutschen Literaturfonds bei der Übergabe gefragt. Kordić erzählt in Wie ich mir das Glück vorstelle (Hanser Verlag) aus der Perspektive eines von Geburt an verkrüppelten Teenagers vom Bürgerkrieg in Ex-Jugoslawien, beschreibt dessen Leben inmitten von Krieg und Gewalt. Der Autor gab zur Antwort, dass seine Familie ursprünglich geplant habe nach Mostar zu ziehen, der Stadt aus dem sein Vater stamme. Durch den Krieg seien stattdessen nach und nach Verwandte nach Deutschland gekommen, wodurch das Thema sozusagen ins Kinderzimmer gekommen sei. Als er später angefangen habe zu schreiben, hätten viele Texte um dieses Thema gekreist und dies habe letztlich dann in dem Roman gemündet. „Der eingeschränkte Blickwinkel des Halbwüchsigen lenkt die Sicht des Lesers auf den universellen Schrecken des Krieges und auf die Verwüstungen, die er in der Seele eines Menschen hinterlässt“, begründete die Fachjury ihre Wahl.

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